Schloss Stetten

Schloss Stetten im Kochertal

Ein Dorf für Senioren

Der Besuch bei einer alten Tante brachte Prof. Dr. Wolfgang Frhr. v. Stetten auf eine Geschäftsidee, die für ihn und seine Frau Silvia zur Lebensaufgabe wurde: betreutes Wohnen mit Anbindung an die Familie und die Burg. Dorothee Gräfin v. Walderdorff besuchte die einzigartige „Seniorenresidenz Schloß Stetten“ bei Künzelsau.

Von Dorothee Gräfin v. Walderdorff

Draußen parken die Rollatoren, drinnen herrscht Cocktailstimmung. Die Senioren versammeln sich zum Mittagessen. Sie kommen aus den umliegenden Häusern, jeder aus seiner Wohnung, seinem eigenen kleinen Reich. „So viel Eigenständigkeit wie möglich, so viel Unterstützung wie nötig“ lautet das Konzept für betreutes Wohnen in der „Seniorenresidenz Schloß Stetten“. Im Prinzip könnte sich also jeder sein eigenes Süppchen kochen, aber kaum einer möchte auf das gemeinsame Mittagsritual verzichten. Hier kennt jeder jeden, und alle kennen sie: Dr. Franziska Freifrau von Stetten, die seit sieben Jahren mit ihrem Vater Prof. Dr. Wolfgang v. Stetten die Seniorenresidenz an der Burg Stetten leitet.

Groß und stark wirkt die 40-Jährige zwischen den Bewohnern. Liebevoll hilft sie ihnen aus Jacken und Mänteln, verteilt Komplimente, verbreitet gute Laune und verkörpert den Geist dieser einzigartigen Seniorenresidenz: in Würde alt werden, fit und fröhlich den Ruhestand genießen. 250 Rentner – ab 70 Jahren bis hoch in die 90er – wohnen hier im Umfeld der mittelalter lichen, 1140 erbauten Burg Stetten hoch über dem Kochertal. Das „Dorf für Senioren“ ist umgeben von Wiesen und Wäldern, eingebettet in die sanfte Hügellandschaft des Hohenloher Lands. Die nächste Stadt, Künzelsau, ist zehn Kilometer entfernt und nur mit dem Auto oder dem Bus zu erreichen. Man lebt hier abseits vom Trubel, in einer eigenen kleinen Welt.

Haus Charlotte

Wer sich eine Wohnung in der „Seniorenresidenz Schloß Stetten“ kauft oder mietet, wird aufgenommen in eine große Gemeinschaft und nimmt am Familienleben der Freiherrn v. Stetten teil. Die allen Bewohnern zugängliche Burg samt dazugehöriger Kapelle, das Stetten’sche Wappen auf allen Papieren und an den Wänden, Ahnenporträts und Antiquitäten stehen für das Gefühl vom Leben in einem Schloss. Geburtstage und Feste werden gemeinsam gefeiert, an Weihnachten versammeln sich die Dorfbewohner unter dem Stetten’schen Weihnachtsbaum. Bei Hochzeiten stehen die Senioren Spalier. Und als die kleine Louisa Silvia, Tochter des Politikers Christian Freiherr v. Stetten und seiner Frau Natalie, in der Kapelle getauft wurde, versank das ganze Dorf im Babytaumel. Die starke Präsenz der Familie schafft Nähe, vereint die aus allen Richtungen der Republik herbeigezogenen Senioren zu Wahlverwandten.

Für alles Notwendige wird gesorgt, das schafft viel Freiraum zur eigenen Entfaltung. Wer kann und mag, engagiert sich, bringt sein Wissen und seine Fähigkeiten in die Gemeinschaft ein. Akademiker halten Vorträge, gründen Geschichtskreise und Literaturtreffs, treffen sich mit Baronin Silvia v. Stetten zur Konversation in Englisch oder Französisch. Rüstige Rentner motivieren ihre Altersgenossen zum gemeinsamen Tanzen, verabreden sich zum Kegeln, Boulespielen oder Nordic Walking. Musikfreunde singen und orchestrieren, Hobbygärtner können rückenfreundliche Hochbeete bepflanzen, und Leser finden in der Bibliothek in der Burg nicht nur Bücher, sondern immer auch Gleichgesinnte. Das Wochenprogramm liest sich wie ein Vergnügungsmarathon –hier ist der Herbst des Lebens bunt und abwechslungsreich.

Vor allem aber ist alles, was im Alter wichtig wird, in nächster Nähe: Ärzte, Krankengymnasten, die Fußpflegerin und die Friseurin, sogar eine Schneiderin kommt regelmäßig in die Residenz. Ein Banker berät die Senioren in finanziellen Fragen, Juristen helfen beim Verfassen des Testaments, und Seelsorger sind auch jenseits der sonntäglichen Gottesdienste in der Kapelle immer zu Gesprächen bereit. So lange wie möglich werden Kranke in den eigenen vier Wänden gepflegt, bei Bedarf dann in die eigene Pflegestation verlegt. Wer hier einzieht, kann bleiben. Bis zum Ende seiner Tage. „In einem Einzelzimmer!“, betont Prof. Dr. Wolfgang v. Stetten. Das ist ihm wichtig.

Besuch der alten Dame

Vor über 30 Jahren, so erzählt der jetzt 76-jährige Baron, besuchte er eine alte Tante im Pflegeheim. „Zu dritt lagen die Alten damals in einem Zimmer und dämmerten ihrem Ende entgegen“ – ein Bild des Jammers. „In Würde altern, das muss doch möglich sein“, haderte Stetten damals und kam ins Grübeln. Er selbst war damals im besten Schwabenalter, Anfang 40, und hatte schon viele seiner selbst gesteckten Ziele erreicht. Er war privat, beruflich und politisch erfolgreich und befand sich auf der Zielgeraden zum Sitz im Deutschen Bundestag. Mit großer Zähigkeit hatte er das Ende der Erbstreitigkeiten um die Burg durchgefochten, war endlich Alleineigentümer.

Schon mit Anfang 20, neben seinem juristischen Studium, hatte er als erfolgreicher Jungunternehmer um die Burg herum den größten deutschen truthahnverarbeitenden Betrieb aufgebaut. Die „Schloß Stettener Truthahnspezialitäten“ brachten ihm den Spitznamen „Göckelesbaron“ ein – aber florierten prächtig. Später wurde der Betrieb nach Rot am See verlegt. Vermutlich sehr zur Erleichterung seiner Frau. Die gebürtige Schweizerin Silvia Freifrau v. Stetten geb. Forrer war vor ihrer Ehe im Hotelmanagement tätig. Es entsprach also ihren Neigungen die Burganlage als Tagungshotel und Reiterhof zu nutzen . Als jedoch zu den üblichen Schwierigkeiten – im Sommer zu viel, im Winter kein Geschäft – auch noch Pech mit den Pächtern kam, standen Stettens wieder vor der Frage: Was wird aus der Burg? Wie können wir die Gebäude nutzen? Woher soll das Geld für die Instandhaltung von Dächern und Mauern kommen?

Die Antwort fand Stetten nach seinem Besuch bei der alten Tante im Pflegeheim: würdiges Altern als Geschäftsmodell – und für ihn als Lebensaufgabe. Als Erstes wurden die Pferdeställe in seniorengerechte Suiten für betreutes Wohnen umgebaut. Im Lauf der Jahre entstanden auf dem Hang vor der tiefer liegenden Burganlage ein Neubau nach dem anderen. Im Haupthaus wurde eine moderne Pflegeabteilung eingerichtet, große und kleine Gesellschaftsräume entstanden, ein Schwimmbad mit Fitnessraum kam dazu und immer mehr Häuser, benannt nach Stetten’schen Vorfahren wie Haus Wolf-Eberhard, Haus Kurt-Ferdinand oder Haus Laura. Demnächst entsteht ein Wohnquartett, bestehend aus vier Häusern mit jeweils neun Wohnungen. Dann wird gleich vier Vorfahren ein Denkmal gesetzt. Aus einzelnen Häusern wurde ein Dorf für Senioren, aus einer Idee ein Familienunternehmen mit nun drei Seniorenresidenzen: „Schloß Stetten“, die „Residenz am Fluß“ in Künzelsau und die großzügige Anlage „Residenz am Kurpark mit Wohnpark Tauberland“ in Bad Mergentheim.

KarlAnton t

Tochter Franziska kommt dazu

Acht Jahre ist es her, da holte sich Baron Stetten seine Tochter Franziska zur Verstärkung in die Geschäftsführung. Franziska Frfr. von Stetten, verheiratet mit Michael Brockmeyer, war damals 33 Jahre alt und hatte sich gerade in ihrem Traumjob etabliert: Ihr Doppeldiplomstudium in internationaler Betriebswirtschaft krönte sie mit einer Promotion in Kultur und Kommunikationswissenschaften. Beim Unternehmen Lorenz Bahlsen, der Firmenstrang, der salzige Produkte produziert, fand sie – die große, weite Welt. Als Exportmanagerin durfte sie reisen, manchmal in drei Länder in einer Woche. Sie hat es geliebt. Doch als der Ruf nach Hause kam, wusste sie: Da gehöre ich hin! Der Abschied war nicht leicht. Bevor sie den Job anfing, zog sie noch einmal mit dem Rucksack in die Ferne. Seit sieben Jahren teilt sich Franziska Frfr. von Stetten mit ihrem Vater die Geschäftsleitung. Die Zusammenarbeit klappt gut. Zwei starke Charaktere bilden ein gutes Team. Gemeinsam bewältigen sie die großen Herausforderungen eines stetig wachsenden Unternehmens. 180 Mitarbeiter arbeiten mittlerweile für sie – und trotzdem läuft natürlich nicht immer alles glatt. Auch im Dorf für Senioren gibt es zuweilen Ärger und Verdruss, Liebe und Eifersucht.„Man könnte einen Film über uns drehen. Eine Serie wie die ,Schwarzwaldklinik‘ …“, schmunzelt Franziska Frfr. von Stetten.

Infos unter: www.schloss-stetten.de