Gut Buckhagen

Abreißen oder renovieren?

Alexander und Jeanette v. Schiller renovierten baufällige Hofgebäude und schaffen sich durch die Vermietung von Ferienwohnungen ein weiteres Standbein für ihr Gut Buckhagen an der Schlei.

Von Dorothee Gräfin v. Walderdorff

Jeder Wechsel ist ein neues Kapitel in der Geschichte eines Besitzes. Auch wenn Haus und Hof in der Familie bleiben, die Tradition fortgeführt wird, prägt jede Generation das Anwesen auf seine Weise, hinterlässt Spuren als Zeichen der Zeit und der Persönlichkeit.

Auf Gut Buckhagen, nicht weit entfernt von Kappeln an der Schlei, haben seit der Erbauung im 16. Jahrhundert viele Besitzer ihre Spuren in Form von Bildern, Wappen und Inschriften hinterlassen. Einzigartig jedoch ist das „Souvenir“ von Gustav Wilhelm v. Schiller (1803–1870): Der Hamburger Großkaufmann und Konsul kaufte 1863 Gut Buckhagen von Herzog Karl von Glücksburg. Ein Glücksgriff!

Inmitten malerischer Landschaft am Ufer der Schlei, der ehemaligen Handelsroute der Wikinger, liegt das großzügige Herrenhaus, umgeben von weiten Feldern und Wäldern. Mit 60 Jahren war der distinguierte Hamburger, der sein Geld im Überseehandel gemacht hatte, plötzlich Großgrundbesitzer mit neu erwachtem Interesse an der Landwirtschaft. Erst brachte er schwarzbuntes Rindvieh auf seine Wiesen. Dann ließ er sich von seinem Freund, dem Tierparkbesitzer Carl Hagenbeck, zur Anschaffung von japanischem Rotwild, Sika-Hirschen, überreden. Das exotische Wild wurde in weitläufigen Gattern untergebracht, vermehrte sich und war auch für alle nachfolgenden Generationen in Buckhagen eine häufig bewunderte Attraktion.

Im Zweiten Weltkrieg allerdings vernachlässigte man die Instandhaltung der Zäune, das Sika-Wild floh in die Freiheit. Seitdem äst japanisches Rotwild in nordischen Wäldern.

Landlust mit Seeblick

Der letzte Generationswechsel

Paul und Jutta v. Schiller übergaben 1995 ihr Gut Buckhagen an Alexander und Jeanette v. Schiller. Für den damals 33-jährigen Sohn des Hauses ein Heimspiel. Aufgewachsen in Buckhagen hatte Alexander v. Schiller eine landwirtschaftliche Lehre absolviert, in Göttingen und Kiel Agrarwissenschaften studiert und im Anschluss bei einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gearbeitet. Seine Frau Jeanette aber, eine fröhliche Rheinländerin, Tochter des Industriellen Jan Rüggeberg, musste sich im Norden und auch in ihrem neuen Leben erst einmal „akklimatisieren“. Sie hatte BWL studiert, die Axel Springer Akademie besucht und arbeitete anschließend als Wirtschaftsredakteurin bei der „Welt am Sonntag“. Dann die Heirat, die Hofübergabe, der Umzug aufs Land, an die Schlei, wo das schwarzbunte Vieh auf den Wiesen weidet und die Sika-Hirsche durch die Wälder streifen.

„Man muss hier auch mal mit sich allein sein können“, erklärt mir Jeanette v. Schiller am Telefon. Aber so wirklich einsam kann ich mir die temperamentvolle, sportliche Hausherrin von Gut Buckhagen nicht vorstellen. Seit ihre drei Söhne – Gustav, Georg und Hugo – mehr oder minder aus dem Haus sind, bestimmen mehrere Pferde den Tagesrhythmus der passionierten Reiterin. „Ich genieße die Freiheit, mir meinen Alltag selbst einzuteilen“, erklärt die Frühaufsteherin. „Vor allem jedoch die Freiheit, eigene Ideen zu verwirklichen, Haus und Hof nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können.“ Mit der Hofübergabe zogen ihre Schwiegereltern aufs „Altenteil“, ein neu erbautes Backsteinhaus mit grandiosem Blick auf die Schlei. „Feel free“, signalisierten sie ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter. Und die widmeten sich mit Lust und Leidenschaft der Modernisierung von Saal, Salons und vielen Zimmern. Mit ihrem Faible für helle Farben und einen klaren nordischen Stil setzte sich Jeanette v. Schiller über manches „Do & Don’t do“ hinweg, so ließ sie beispielsweise im Speisesaal die dunkle Eichenholzvertäfelung mit geschnitzten Szenen aus der Nibelungensage renovieren, in helles Grau fassen und mit Genueser Kreide abpudern. Geschickt mischte sie moderne Möbel unter die Antiquitäten. Düstere Strenge wich stilvoller Eleganz.

Familienfoto

Bauernkaten mit frischer Brise

Seit der Hofübernahme haben Alexander und Jeanette v. Schiller Vermietungen von Ferienwohnungen zum zusätzlichen Standbein ihres Betriebes entwickelt. Denn Landwirtschaft allein funktioniert nicht: Hintergrund dafür ist die aktuelle Agrarpolitik, durch die, so Alexander v. Schiller, „der Ackerbau es derzeit schwer hat“. Auftakt der Neuorientierung war der Bau zweier großer Hallen, die im Sommer als Getreidelager und im Winter als Bootshalle genutzt werden. Dann entstand die Idee, nicht nur für Schiffe, sondern auch für Segler und andere Gäste ein Quartier zu schaffen.

So wurden die alten Katen, in denen einst die Landarbeiter wohnten, liebevoll restauriert. Mit ihren reetgedeckten Dächern werden sie als Wochenendhäuschen von Hamburgern mit Lust auf Land und Meer gern gemietet. Im Lauf der Jahre entstanden 28 Wohnungen, die das Paar auch an ihre Freunde vermieten konnte. Ein kluger Schachzug gegen ländliche Einsamkeit. Das Schicksal des ehemaligen Verwalterhauses und der Tischlerei hing lange in der Schwebe. Hopp oder top? Abreißen oder renovieren?Schillers entschieden sich für den Erhalt der historischen Bauten. Sie investierten und richteten moderne, komplett ausgestattete Ferienwohnungen für Kurzzeiturlauber ein. „Die Umsätze sind deutlich größer als bei Langzeitvermietungen, und was unterm Strich bleibt auch“, erklärt Alexander v. Schiller. „Allerdings, das sollte man nicht unterschätzen, auch die Arbeit. Und: Man bindet sich doch sehr“, so die Dame des Hauses. „Ankunft, Abreise, Zwischenfälle und Reparaturen – immer wieder ist man gefragt, muss bereit sein, seine eigenen Interessen zurückzustecken.“ „Darüber muss man sich im Vorfeld klar werden“, bemerkt Jeanette v. Schiller, „und auch darüber, dass Ostern, Weihnachten und Silvester nicht mehr für die eigene Familie reserviert sind. Denn auch an Feiertagen muss viel für die Ferienwohnungen organisiert und getan werden.“ Letztlich aber überwiegen die Vorteile. „Wir haben viele sehr nette Stammgäste, lernen gern neue Menschen kennen, genießen die ringsum entspannte Ferienstimmung.“

Ferienwohnungen

Nicht nur deshalb kommen die Gäste so gerne nach Buckhagen. Jeanette v. Schiller hat bei den sechs separaten Ferienwohnungen ihrer Lust am Einrichten gefrönt. Die Apartments sind in zarten Farbtönen gehalten, verfügen alle über einen Kaminofen und bieten jedem Gast Zugang zur fi nnischen und Dampfsauna.

Da Schillers selbst große Hundefreunde sind, wissen sie, wie schön, aber auch wie schwierig es ist, mit seinen haarigen Lieblingen zu verreisen. Hundefreundliche Quartiere sind eine Marktlücke, die sie nutzen. Körbchen und Fressnäpfe stehen bereit. Wer mag, kann seinen Hund hier sogar in die Schule schicken. Ein erfahrender Hundeführer, der vierbeinigen Rabauken Appell beibringt, macht Gut Buckhagen zum gern weiter gegebenen Geheimtipp unter Hundebesitzern.

„Weil aber nicht alle Gäste nur Gassi gehen wollen, haben wir gerade sechs E-Bikes angeschaff t. Dafür arbeite ich gerade an der Website“, erzählt Jeanette v. Schiller und stöhnt: „Es hört nie auf!“ Gleich darauf aber lacht sie und sagt: „So ist das eben, Besitz ist Lust und Last zugleich!“