Schloss meinbrexen

Zeichen der Zeit

Hilmar und Silke v. Mansberg bewahren die Symbole der Freimaurer aus der Vergangenheit und bewirtschaften das Rittergut Meinbrexen an der Weser mit Blick in die Zukunft.

Von Constanze v. Laer & Dorothee Gräfin v. Walderdorff

Wir sind wühlende Visonäre“ erklärt Silke v. Mansberg ziemlich am Anfang unseres Gesprächs. Was meint sie damit? Am Ende ihrer Geschichte weiß man es. Vor 18 Jahren übernahm Hilmar v. Mansberg in der zwölften Generation das Rittergut Meinbrexen samt Land- und Forstwirtschaft. Er und seine Frau Silke geb. Fahlbusch waren bereits seit acht Jahren verheiratet, ihr ältester Sohn Oskar war vier, Tochter Elisabeth drei und der Jüngste, Rupert, gerade geboren. Mit drei kleinen Kindern brachten sie frischen Wind in das 1699 erbaute Herrenhaus und den Betrieb.

Heute bewirtschaften sie 250 Hektar Forst, ca. 70 Hektar Ackerland, etwa 20 Hektar mit Erdbeeren in Direktvermarktung mit Ständen an der Straße und im Hof sowie rund acht Hektar mit Weihnachtsbäumen. Für Hochzeiten und Feiern vermieten sie den „Alten Pferdestall“ und den restaurierten „Alten Kuhstall“. Im Sommer sind etwa 250 Mitarbeiter auf dem Rittergut Meinbrexen mit Erdbeerernte, Landwirtschaft und Veranstaltungen beschäftigt. Im Winter schrumpft der Betrieb auf zehn Angestellte. Das ganze Jahr über im Einsatz sind Silke und Hilmar v. Mansberg. Am Vormittag arbeitet das Ehepaar gemeinsam im Büro, am Nachmittag bestimmen Wind und Wolken ihre Tätigkeiten. Meistens zieht es Silke v. Mansberg nach draußen, zur Arbeit in Park und Garten. Jetzt, im Februar, müssen die Obstbäume beschnitten werden. Zu tun gibt es immer etwas, vor allem aber hat sich schon viel getan.

Hofgarten

Als das Ehepaar Mansberg 2004 das Gut übernahm, war der Park völlig verwildert

„Mindestens 50 Jahre wucherte er ohne Pflege – und ohne dass jemand etwas von seiner Bedeutung ahnte“, berichtet Silke v. Mansberg. Die gebürtige Stuttgarterin wuchs als Stadtkind auf, hatte erst wenig Bezug zur Natur, studierte dann aber Landwirtschaft in Göttingen und Kiel. Ihre Liebe und vor allem die heilende Kraft der Natur entdeckte sie, als sie in einer tiefen Lebenskrise steckte: 2014, nach zehn Jahren harter Arbeit und der immer bangen Frage „Schaffen wir es, den Betrieb zu erhalten?“ fiel sie in eine tiefe Depression. „Ich war sehr krank“, erzählt sie „nur mühsam und mit viel ‚Garteln‘ konnte ich mich aus dem tiefen Loch, in das ich gefallen war, wieder herauswühlen. Beim Säen und Ernten erlebte ich das Wunder des Lebens, freute mich wieder über die Chance, dieses Leben führen zu dürfen.“ Mit der Genesung erwachte ihre Neugier, und sie begann, die im Park versteckten und verwilderten Zeichen und Symbole zu erforschen.

Anlage

Der Freimaurergarten

Für den unter Denkmalschutz stehenden Park musste ein Baumkataster angelegt werden. Das Projekt wurde gemeinsam mit der Fachhochschule in Höxter in Angriff genommen. Die Seminararbeit eines Studenten bescherte Professor Schükri aus Bonn rares Forscherglück: Der Park hinter dem Herrenhaus sei vermutlich einer der ältesten Landschaftsgärten Deutschlands, schrieb er begeistert den Mansbergs und äußerte die Vermutung, dass er einst als „Freimaurergarten“ angelegt worden war. Daraufhin begann Silke v. Mansberg, in alten Büchern und den entlegensten Winkeln des Ritterguts zu stöbern. Sie fand freimaurerische Abzeichen und Literatur, die erste Rückschlüsse auf Freimaurer in der Familie zuließen. Gepackt vom Forscherdrang vertiefte sie sich in die Familiengeschichte und stieß auf die beiden Brüder Johann Friedrich (1728–1759) und Adam Christoph v. Mansberg (1731–1759). Der ältere, Johann Friedrich, stand bis zu seinem Tod der Loge „Friedrich zum weißen Pferde“ in Hannover als Meister vom Stuhl vor. Sein Bruder, Junker und Kammerassessor, war zwar kein Logenmitglied, aber durch seinen Bruder und vor allem seinen Vater Anton Adam v. Mansberg mit der Freimaurerei vertraut. Dieser war in London Mitglied der „Royal Society“ und dadurch, so lässt sich vermuten, in den Kreis der in London gegründeten ersten Großloge der Freimaurer gekommen. Ein alter Gartenplan aus dem frühen 18. Jahrhundert, der Zeit also, in der die beiden Brüder Johann Friedrich und Adam Christoph v. Mansberg den Meinbrexener Park anlegen ließen, bestätigte schließlich alle Vermutungen. Die ursprüngliche Parkanlage bestand aus einem Wegesystem in Form einer Setzwaage. „Die Kombination aus Wasserwaage und Lot ist bei den Freimaurern ein häufig verwendetes Symbol für die Gleichheit aller Menschen, aber auch für das innere Gleichgewicht“, erläutert Silke v. Mansberg, die mittlerweile Expertin für Freimaurerei ist. Durch den Park führt ein „philosophischer Lebensweg“, dessen Stationen Symbole der Freimaurerei markieren.

Gemäldegalerie

Der philosophische Lebensweg

Die erste Station ist die „Grotte“, eine Ansammlung unbehauener Steine als Symbol für den Anfang des Lebens. Von hier aus sind viele Wege möglich. Einer führt vorbei an drei Giganten: einer Eiche, einer Buche und einer Linde. Die Eiche gilt als Symbol der Stärke, die Buche der Schönheit und die Linde der Weisheit. Vorbei an gewaltigen Pyramideneichen über eine Brücke und weitere Symbole führt der Weg durch das Haus (den Alltag) zum Brunnen mit seiner achteckigen Brunnenschale und dem Obelisken über dem Wasserlauf. In einer direkten Linie mit der Grotte im Süden bildet er das „Alpha est et Omega“ – den Anfang und das Ende eines Lebens. Wer mehr über das Weltbild der Freimaurer erfahren möchte, sollte an einer Parkführung mit Silke v. Mansberg teilnehmen. Sie fi nden einmal im Monat, von April bis Oktober statt. Infos unter: www.rittergut-meinbrexen.de/park

Botschafterin für „Natur im Garten

Die Beschäftigung mit der Philosophie der Freimaurer erschloss Silke v. Mansberg eine neue Welt und schärfte ihren Blick auf die Natur. „Ich denke und handle in Kreisläufen“, erklärt sie. „Was der Erde entnommen wurde, soll ihr auch wieder zugeführt werden“, beschreibt sie, was die Wissenschaft als Permakultur bezeichnet. In der Praxis bedeutet dies, dass zum Beispiel gefällte Bäume im Park als Totholzhaufen liegen bleiben und zum feudalen „Insektenhotel“ werden. Auf ihrem Rasen gedeihen Wiesenkräuter, gejätetes Unkraut wandert nicht in die Tonne, sondern bleibt zur Verrottung in den Reihen liegen. Ihren Gemüsegarten düngt sie mit Pferdemist oder auch Schafswolle – niemals verwendet sie Blaukorn oder andere chemische Keulen. Ihr Engagement für naturnahes Gärtnern machte Silke v. Mansberg zur Botschafterin für „Natur im Garten“, einer aus Österreich stammenden Initiative, die derzeit in Deutschland immer mehr Anhänger fi ndet. Als Botschafterin für Artenschutz und Biodiversität hält Silke v. Mansberg Vorträge bei Gartenvereinen, zeichnet Hobbygärtner mit der „ökologischen Verdienstmedaille“, einer Emaille-Plakette mit dem Aufdruck „Natur im Garten“ aus. Ortstermine, die sie zwischen das Familienleben, ihre Pfl ichten in Haus und Hof und ihr Amt als stellvertretende Vorsitzende der Kirchenkreissynode Holzminden-Bodenwerder packt.

Silke v. Mansberg ist, man versteht es jetzt, eine „wühlende Visionärin“. Eine, die sich für eine bessere Umwelt engagiert und nicht nachlässt, sich für Mensch und Natur einzusetzen.