Palais Haunsheim

Ein Schloss mit vielen Freunden

Der „Freundeskreis Schloss Haunsheim“ unterstützt Daniela Freifrau von Hauch und ihren Mann bei der Erhaltung und Nutzung von Schloss Haunsheim im Landkreis Dillingen an der Donau.

Von Dorothee Gräfin v. Walderdorff

Kopfschüttelnd standen die Haunsheimer vor einem hektografierten Zettel am Schwarzen Brett der Volkshochschule. „Suche Freunde zum Wohle von Schloss Haunsheim“ war darauf zu lesen. Unterzeichnet von Gisela Freifrau v. Hauch. Welch originelle Idee!

Per Annonce suchte Baronin Hauch Gleichgesinnte, um mit ihnen die Geschichte von Schloss Haunsheim aufzuarbeiten und um sie dabei zu unterstützen, das Schloss für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen.

Der Bürgermeister und seine Frau waren damals vor 25 Jahren sofort begeistert, andere auch. Die meisten aber des rund 1000-Seelen-Dorfes schüttelten verwundert den Kopf – sie staunten aber auch über die „cleveren Barone“, die seit ihrer Übernahme von Schloss Haunsheim schon so viel in Bewegung gesetzt hatten. Seit 1864 ist Schloss Haunsheim im Besitz der Freiherrn v. Hauch. Von Generation zu Geneation wurde das 1601 erbaute und später im neogotischen Stil ausgebaute Anwesen von der Familie erhalten – oder auch nur gehalten. Je nach Möglichkeit und Persönlichkeit seiner Besitzer.

Wilhelmine Enke

Als Dieter Freiherr v. Hauch sein Erbe übernahm, bewohnten seine Mutter und häufig auch seine Schwestern das Schloss. Ihn jedoch hatte seine Karriere bei der Bundesagentur für Arbeit nach Bonn geführt. Bis zu seiner Pensionierung lebte Dieter v. Hauch mit seiner Frau Gisela und ihren drei Kindern – Susanne, Alexander und Daniela – im nahe gelegenen Oberwinter. Hier reiften die Pläne für das größte Projekt seines Lebens: die Generalsanierung von Schloss Haunsheim. Endlich frei und im Ruhestand zog Baron Hauch 1994 aus der rheinischen „Noch-Hauptstadt“ in sein malerisches, damals allerdings recht marodes Schloss. Mit im Gepäck hatte er ein bereits ausgearbeitetes Sanierungskonzept und die Pläne zur Finanzierung von umfangreichen Baumaßnahmen.

In einem fast zehnjährigen Kraftakt ließ Baron Hauch das Schloss renovieren, kämpfte erfolgreich gegen den während der Sanierungsarbeiten zur bösen Überraschung aller entdeckten Hausschwamm.

Palais 1927

Neben enormen Eigenleistungen erhielt die Familie Unterstützung von der Gemeinde Haunsheim, dem Landkreis Dillingen, dem Bezirk Schwaben und dem Freistaat Bayern. „Nur durch das tatkräftige und finanziell große Engagement meines Vaters samt der Fördermittel aus vielen Töpfen konnte Haunsheim instand gesetzt und ins nächste Jahrhundert gebracht werden“, erzählt Daniela Freifrau v. Hauch bei unserem Gespräch im sonnigen Schlosshof. „Das kulturelle Leben im Schloss aber verdanken wir meiner Mutter“, betont die Rechtsanwältin.

Ihre Suche nach „Freunden zum Wohle des Schlosses“ war erfolgreich. Ihrem Aufruf am Schwarzen Brett der VHS folgte ein engagiertes Trüppchen, allen voran der Bürgermeister und seine Frau. 1999 gründeten sie den Förderverein Schloss Haunsheim e.V. Wenig später veröffentlichte Gisela Freifrau v. Hauch in Zusammenarbeit mit Hermann Stoffels die Broschüre „Schloss Haunsheim“. Gleichzeitig öffnete die kontaktfreudige Baronin Tor und Tür. Mithilfe des Freundeskreises veranstaltete sie klassische Konzerte, Laienschauspieler traten im Rittersaal auf, lokale Künstler zeigten ihre Werke. Höhepunkt im vielseitigen Veranstaltungsprogramm war von Anfang an der sommerliche Jazz-Frühschoppen im Schlosshof und ist es bis heute. In Scharen bevölkern die Dorfbewohner mit ihren Verwandten und Freunden den Schlosspark, genießen den allgemeinen Swing.

„Meine Eltern kamen genau rechtzeitig“, stellt Daniela von Hauch voller Erleichterung fest. „Wer weiß, was aus dem alten Gemäuer ohne die Renovierung meines Vater geworden wäre, ob wir heute hier leben würden, gäbe es den Freundeskreis nicht …“

Von Berlin-Mitte nach Haunsheim

Daniela Susanne Cornelia ist die jüngste der drei Hauch’schen Sprösslinge. Sie entschied sich 2008, mit ihrem Mann Stefan Nordervon Hauch von Berlin nach Haunsheim zu ziehen. Es war ein großer, wohldurchdachter Schritt, getragen vom Verantwortungsgefühl und dem Wunsch, die Familientradition fortzusetzen.

Die beiden Juristen – sie: Fachanwältin für Familienrecht, er: Gesellschaftsrecht, Internetrecht und Verkehrsrecht – gründeten in Dillingen eine gemeinsame Anwaltskanzlei, überwanden den Kulturschock, von der quirligen Mitte Berlins aufs Land gezogen zu sein, und etablierten sich im Mehrgenerationenmodell im Schloss. Es folgten gute Jahre, in denen Mutter und Tochter gemeinsam mit dem Freundeskreis zahlreiche Veranstaltungen organisierten. 2013 wird Sohn Tido Karl Simon geboren. „Die nächste Generation wächst heran, die Familientradition wird fortgeführt“, konnte sich der Senior Dieter v. Hauch noch freuen. Drei Jahre später starb er im Alter von 89 Jahren. Seine Frau Gisela folgte ihm im nächsten Sommer. Ihren Enkelsohn Enno Oskar konnte sie nur kurz erleben.

„Ohne den Freundeskreis, allein mit zwei kleinen Kindern, hätten wir die Veranstaltungsreihe niemals fortführen können“, erklärt Daniela von Hauch. Sie weiß den starken Rückhalt, den der Freundeskreis der Familie schon in so vielen Situationen und besonders in schwierigen Zeiten gab, sehr zu schätzen.

Schablonenmalerei

Das Aus für den Rittersaal

Sorgfältig war die Holzvertäfelung im historischen Rittersaal in der zweiten Etage des weitläufi gen Haupthauses restauriert worden. Man hatte neue Stühle angeschaff t, der Flügel wurde gestimmt, und die Pianisten waren quasi im Anmarsch, um mit einem Klavierkonzert den Auftakt zu einer Reihe von „Klassik-Konzerte im Rittersaal“ zu geben. Mitten in die Vorfreude platzte ein Brief der Brandschutzbehörde. Weil es keinen zweiten Fluchtweg gab, sollte die Veranstaltung abgesagt werden. „Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte“, schildert Daniela von Hauch ihre Bestürzung. Hektisch versammelte sich der Freundeskreis zur Krisen sitzung. Briefe wurden formuliert, Anfragen gestellt. Ergebnislos. Weder im Haus noch an der Fassade ließ sich eine für die Benutzung von vielen Menschen geeignete weitere Treppe anbringen.

Doch die Künstler waren fest gebucht, Konzert und auch Kabarettkarten schon verkauft. Die Zeit drängte. Schließlich kam die rettende Idee aus den Reihen des Freundeskreises. Mehrere Feuerlöscher wurden angeschafft, die freiwillige Feuerwehr versammelte sich zur Brandwache im Schloss. Das Konzert konnte stattfi nden. Für weitere öff entliche Veranstaltungen aber schied der Rittersaal aus.

Das Gute an Schlössern ist: Es mangelt nicht an Raum. Und das Besondere an Schloss Haunsheim ist: In der Not stehen viele Helfer bereit. Von ganz oben unter dem Dach zog man in den Gewölbekeller unter der Erde. Mit Schippe und Schaufel rückte der Freundeskreis an, renovierte und elektrifi zierte den mit seinen Rundgewölben imposanten Kellerraum. Zur Premiere erfüllten sich Daniela und Stefan einen lang gehegten Wunsch. Sie engagierten die Potsdamer Kabarettisten Schwarze Grütze.

Gemeinsame Projekte verwirklichen, das schweißt zusammen, motiviert zum Mitmachen. Der Verein Freundeskreis Schloss Haunsheim e.V. zählt mittlerweile rund 150 Mitglieder, darunter Banker, Lehrer, Ärzte, Handwerker und Künstler, die sich gemeinsam für den Erhalt von Schloss Haunsheim einsetzen. Sie eint das Gefühl, ein sinnvolles Ehrenamt auszuüben, sie haben Spaß daran, mit professionellen Künstlern die ländliche Kulturszene zu bereichern.

In diesem Jahr feiert der Freundeskreis sein 20-jähriges Bestehen. Unter der Ägide einer verjüngten Führungsmannschaft sind die Veranstaltungen immer professioneller geworden, ist die Finanzierung gesichert. Der Mitgliedsbeitrag in Höhe von 13 Euro im Jahr und der Erlös aus diversen Veranstaltungen fließt in die Kasse des Freundeskreises. Er wird für Anschaff ungen wie große Kühlschränke, aber auch für kleinere Renovierungsmaßnahmen genutzt.

Vor Kurzem wurde die ebenerdige Waschküche und die dahinterliegende Bügelkammer aus Mitteln des Freundeskreises renoviert und wird jetzt zur Unterbringung des immer größer werdenden Party-Equipments genutzt. An den Wänden stapeln sich die Rotweinkisten. Demnächst sorgt der bekannte Kabarettist Philipp Weber mit seinem Programm „Durst – Warten auf Merlot“ für Stimmung im Keller. Das Publikum wird nicht lange warten müssen. Der Freundeskreis hat vorgesorgt.