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Ins Grüne!

Mai! Zaubermonat, Lustmacher, Verführer: „Wonnemonat“ eben!

Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und die ist grün“ (Hildegard von Bingen). Mai – dieses  elektrisierende Wort, diese duftende, grünende, summende Welle der Lust und der Sehnsucht nach immer mehr Grün.

„Komm, lieber Mai und mache die Bäume wieder grün und lass uns an dem Bache die Veilchen wieder blühn!“ – Jetzt haben wir Chlorophyll in den Adern!  Wir wollen graben und wühlen, pflanzen, schneiden, säen – denn er ist da, der Frühling, diese Zeit der guten Vorsätze, der neuen Pläne, der Illusionen, Hoffnungen, Sehnsüchte und Wünsche – der Hochzeiten, Picknicke und Radeltouren!

Karl der Große nannte ihn den „Wunnimanot“, was so viel bedeutet wie Weidemonat, und mit unserem viel besungenen, bedichteten und gefeierten „Wonnemonat“ nichts zu tun hat. Denn Karl der Große war alles andere als ein Romantiker. Im „Wunnimanot“ war das Weidegras fett genug, und das Vieh konnte auf die Weide getrieben werden.

„Wonne“! Auch wenn das Wort auf einem Missverständnis beruht, unsere Lust und Freude an diesem Monat mindert es nicht. Der Mai ist und bleibt der Wonnemonat, der Hochzeitsmonat, der Monat der Liebenden und ewig jung Gebliebenen.

Im Mai sind wir der Natur und ihrer Gabe, sich alljährlich immer wieder neu zu erschaffen, am nächsten. Der blaue Himmel, das frische Grün, der warme Boden, das Gelb der Butterblumen, das zarte Weiß und Grün von Buschwindröschen und Birke, der Duft von Flieder und Jasmin – das sind die Lock und Botenstoffe, die die Natur aussendet, die wir spüren, auf die wir reagieren.

Jetzt einen Garten haben – das wünschen wir uns. Oder zumindest einen Balkon, eine  Terrasse. So ein Garten über den Dächern der Stadt, das wär’s jetzt! Mitten in der Stadt, im „eigenen Salat und dem Himmel so nah“. Oder aber ein Schrebergarten, eine Datsche – na ja – und ein Schlosspark allemal!

Haptik – das Zauberwort moderner Kommunikation. Es meint Fassbares, Greifbares, Sinnlichkeit. Denn unsere Zeit rast. Digital, virtuell, global. Da ist nichts, an dem die Seele Halt findet, ein rasendes, nicht mehr aufzuhaltendes Hamsterrad. Der Garten ruht, er steht fest, an seinem Ort. Grau und scheinbar tot im Winter. Und so wunderbar grün und kraftstrotzend jetzt im Mai. Diese Ruhe in einer taumelnden Welt, das ist es, was den Garten und die sich frühlingshaft erneuernde Natur so bedeutend macht für unsere aus den Fugen geratene Zeit.

Bedeutend. Groß. Stark und wichtig. Das ist die deutsche Übersetzung des lateinischen Wortes „mag nus“, dessen Komparativ „maius“ dem römischen Mai seinen Namen gab. Die Wortwurzel „mag“, die darin enthalten ist, steht für Wachstum und Vermehrung und findet sich heute noch in dem italienischen Wort „maggio“ wieder. „Der Mai ist gekommen!“ Dieser Liedanfang klingt wie ein Stoßseufzer und wie ein Schlachtruf zugleich. Jetzt wird es grün! Um uns herum und auch in unserem Herzen.

Auf die „grüne Kraft der Ewigkeit“ verließ sich Hildegard von Bingen schon vor etwa 1000 Jahren! Das sollten wir auch tun.

„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus. Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus!“ Ein großartiges sinnliches Spektakel ist dieser Mai – voller Hoffnung und Neuanfang. Ein Narr, wer da mit Sorgen im Haus bleibt und sein Herz verschließt! Auf geht’s! Ins Grüne!